Herausfordernde Bedingungen – internationale Ausstellung in Gera

Alljährlich treffen sich Modellbahnfreunde aus halb Europa zu einer gemeinsamen Modellbahnausstellung unter dem Dach der FISAIC – einer Vereinigung von Sozialwerken der (früheren) europäischen Staatsbahnen. Am ersten Aprilwochenende luden diesmal die Geraer Eisenbahnwelten ein, die traditionellen „Verkehrshistorischen Tage“ mit dem internationalen Treffen zu bereichern. Knapp 30 Modellbahner aus Spanien, Frankreich, Tschechien, Ungarn und natürlich Deutschland reisten in die drittgrößte Stadt Thüringens. Bei der Ankunft am Donnerstagabend ahnte noch niemand, welch „herausfordernde“ Veranstaltung bevorsteht. Doch dazu später mehr.

Zur Eröffnung der Veranstaltung schien die Sonne und verlieh der Ausstellung im Lokschuppen eine ganz besondere Atmosphäre
Am Freitag stand zunächst ein Ausflug zur Thüringer Bergbahn an. Bei traumhaften Frühlingswetter ging es über Saalfeld nach Obstfelderschmiede und dann mit der Standseilbahn auf den Berg hinauf. Bei den Temperaturen schmeckte den vielen weitgereisten auch das deutsche Bier auf der Lichtenhainer Speisewagenterrasse. Die Rückfahrt gestaltete sich etwas schwieriger, da ein Böschungsbrand – ironischerweise verursacht von einer Dampflok – zur Streckensperrung und einiger Verspätung führte.
Damit wurde die Zeit am Abend für den Aufbau der gemeinsamen Modulanlage knapp. Über 30 Module und Segmente mussten im Lokschuppen des ehem. BW Gera, den jetzigen Eisenbahnwelten, zu einer Anlage kombiniert und in Betrieb genommen werden. Zumindest der mechanische Aufbau konnte bis zum Einbruch der Dunkelheit noch vollendet werden. Nach einer Frühschicht rollte kurz vor 10 Uhr und damit pünktlich zur feierlichen Eröffnung durch den Geraer Oberbürgermeister der erste Zug auf der etwa 25m langen Anlage. Von da an füllten sich die Bahnhöfe mit verschiedensten Zügen aus allen beteiligten Ländern.

Mit Mütze, Heizpilz und passenden Getränken kämpften auch die französischen Modellbahner gegen das Aprilwetter
Neben der internationalen Modulanlage gab es für die Besucher noch mehr Modellbahnen zu bestaunen. Der MEC Hannover zeigte seinen bekannten Nachbau der Selketalbahn in H0m. Eine liebevoll gestaltete N-Anlage von den Zschopauer Modelleisenbahn- und Eisenbahnfreunden war bei Kindern sehr beliebt. Eine umfangreiche Fahrzeugausstellung, Führerstandsmitfahrten und reichlich Aktivitäten für Kinder durften bei einem Eisenbahnfest in einem Bahnbetriebswerk natürlich nicht fehlen.
Die Idee der internationalen FISAIC-Modulanlage wird seit fast 20 Jahren gelebt und basiert übrigens auf dem Modul Junior – einem kompakten System, das von zahlreichen Verbänden und Vereinen gerade für die Nachwuchsarbeit in Europa etabliert wird. Einige interessierte Vereine der SMV kamen deshalb auch nach Gera und tauschten sich über Erfahrungen aus. Die mitgereisten Nachwuchsmodellbahner wurden kurzerhand für den Betrieb an der Anlage eingespannt.
Das vielfältige Programm zeigte Wirkung: rund 2000 Besucher konnten die Organisatoren an den beiden Tagen begrüßen und ließen sich auch vom Wetter nicht abschrecken. Denn ein großer, zugiger Lokschuppen bietet zwar ein stilechtes Ambiente, ist aber per se kein sonderlich gemütlicher Ausstellungsraum. Für die Modellbahner zeigte sich das besonders als die Temperaturen in der Nacht deutlich unter den Gefrierpunkt fielen und tagsüber nur unwesentlich darüber kletterten. Die ersten morgendlichen Runden auf den Anlagen gestalteten sich wortwörtlich zäh. Hinter der Modellbahn halfen dicke Jacken, einige Heizpilze und wärmende Getränke gegen das – nicht wirklich überraschende – Aprilwetter.
Doch die Herausforderungen wurden gemeistert. Von schweren Erkältungen ist nichts bekannt und die zum Teil weitgereisten FISAIC-Modellbahner waren von der Veranstaltung begeistert. An der Stelle sei den Eisenbahnern der Geraer Eisenbahnwelten rund um Lars Naumann herzlich für die Gastfreundschaft gedankt.
Die nächstjährige FISAIC-Ausstellung wird übrigens Ende September in Budapest – dann voraussichtlich bei wärmerem Wetter – stattfinden.
Text: Mirko Caspar
Bilder: Nattaya Lattikul